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18.10.2016: Wohnungsrecht trotz Tötung des Grundstückseigentümers

Der Inhaber eines dinglichen Wohnungsrechts, der den Grundstückseigentümers getötet hat,  muss sein Wohnungsrecht nicht aufgeben, darf  aber unter Umständen nicht mehr selbst dort wohnen.  So hat es der BGH in seinem Urteil vom 11.03.2016  (V ZR 208/15) entschieden.

 Die Entscheidung

Der Beklagte war – wie sein Bruder – Miteigentümer eines Hausgrundstücks, bis er diesem 1997 seinen Eigentumsanteil übertrug. Dafür behielt er sich ein dingliches Wohnungsrecht an der Wohnung im Obergeschoss des Hauses vor.  Im Mai 2012 tötete der Beklagte seinen Bruder im Streit. Erbin des Getöteten wurde die Mutter der Brüder, die damit auch Eigentümerin des Grundstücks wurde. Der Beklagte wurde in einem früheren Zivilverfahren für erbunwürdig erklärt. Die Witwe des Getöteten wohnt weiterhin auf dem Grundstück. Die Mutter forderte nun vom Beklagten  die Zustimmung zur Löschung seines Wohnungsrechts aus dem Grundbuch. Sie berief sich dabei auf die österreichische Rechtsprechung. Dort  hat der oberste Gerichtshof die Kündigung eines Wohnungsrechts für den Fall der Ermordung des Grundstückseigentümers für möglich gehalten. Die Klage war in den Vorinstanzen erfolglos. Der BGH hat die Revision zurückgewiesen.

Die Gründe

Der BGH hat seine Entscheidung mit dem Unterschied zwischen deutschem und österreichischem Recht begründet. Im deutschen Recht sei die Kündigung eines dinglichen Wohnungsrechts im Gegensatz zum österreichischem Recht nur möglich, wenn die Parteien dies von vorneherein ausdrücklich vereinbart hätten. Das hätten die Brüder damals aber nicht getan.

Keine Anwendung des Grundsatzes von Treu und Glauben aus § 242 BGB

 Auch einen Anspruch der Mutter aus dem  Grundsatz von Treu und Glauben hat der BGH verneint. Ob sich ein solcher Anspruch auf Aufgabe des Wohnungsrechts überhaupt aus Treu und Glauben herleiten lässt, hat er dabei – wie schon in  vorherigen Entscheidungen – offen gelassen.

Zwar sei es Personen, die dem Getöteten nahe standen, im Regelfall nicht zumutbar, mit dem Beklagten unter einem Dach zu leben. Trotzdem komme ein Anspruch auf Aufgabe des Wohnungsrechts nur dann in Betracht, wenn keine anderen Möglichkeiten der Konfliktlösung mehr bestünden. Eine solche Möglichkeit ergebe sich im deutschen Recht bereits aus § 1020 BGB, der den Inhaber einer Grunddienstbarkeit, wie z.B. eines Wohnungsrechts, dazu verpflichtet, die Interessen des Eigentümers zu schonen. Bei einem dinglichen Wohnungsrecht gehören dazu laut BGH auch gerade die persönlichen Beziehungen zwischen den Parteien, die zusammen auf einem Grundstück leben. Sei es  diesen nicht zumutbar, mit dem Beklagten zusammen zu leben, müsse er deren Wunsch entsprechen. In der Folge dürfe der Beklagte die Wohnung dann nicht mehr selbst nutzen, könne sie aber Dritten überlasen, z.B. durch Vermietung.

Ihr Ansprechpartner für Grundstücksrecht in Leipzig:

Christoph Häntzschel
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Arbeitsrecht, Mediator
Telefon: 0341/2 15 39 46

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